Ein Orientierungsjahr für kreative Berufe, echt jetzt?

Oder warum ein Orientierungsjahr die Antwort auf die Frage nach Deiner Zukunft sein könnte

Das Vorstudium als Orientierungsjahr

Für wen ein Orientierungsjahr sinnvoll ist

Du hattest neben dem Schulalltag keine Zeit, Dich beruflich zu orientieren? Du möchtest gerne eine Studium beginnen, aber bist Dir noch im Unklaren, welches es sein soll? Zu viele Prüfungen, voll in der Pubertät und noch Deine Freunde - damit warst Du voll ausgelastet. Außerdem sind Deine Interessen so vielfältig, dass Du beim besten Willen noch nicht sagen kannst, was Dir wichtiger ist? Nicht wenige Jugendliche sind nach ihrem Schulabschluss unsicher, welche Richtung sie einschlagen sollen. Damit bist Du also nicht allein. Aber warum ist das so? Schulen und Gymnasien sehen sich heutzutage nicht mehr in der Zuständigkeit, wenn es um das individuelle Herausarbeiten von Stärken, Talenten und Interessen geht. Mal ein Besuch im Berufsinformationszentrum (BiZ) für die Haupt- und Realschulen bzw. ist für die Gymnasialklassen ein Schülerpraktikum vorgesehen. Wer mehr wissen will, wenn es um Berufsorientierung, um Studienberatung oder Alternativen zum Studium geht, muss sich selbst kümmern oder ist auf sehr engagierte Eltern angewiesen. Und dann ist es soweit. Abschluss in der Tasche und Du solltest Dich langsam entscheiden, wie es weiter geht. Direkt mit dem Studium beginnen, obwohl Du Dir mit der Studienrichtung noch so unsicher bist? Vielleicht wäre eine Berufsausbildung ja doch eher Dein Ding? Und im Grunde willst Du am Liebsten erstmal eine Auszeit. Zum Orientieren, Durchatmen oder für eine Rucksacktour durch Australien. Wenn also die Frage nach Deinem Berufswunsch oder dem, was Du nach dem Abitur studieren willst, bei Dir immer noch lediglich Schulterzucken hervorruft, solltest Du ein Orientierungsjahr unbedingt in Betracht ziehen.

Warum ein Orientierungsjahr sinnvoll ist

Das Niveau der Studienabbrüche für Bachelorstudiengänge an Universitäten liegt seit Jahren konstant bei etwa 30 Prozent. Werden alle Hochschularten berücksichtigt, sind es bundesweit immer noch 28 Prozent abgebrochene Erststudiengänge. Dies ergab eine im Jahr 2017 veröffentlichte Langzeitstudie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Dafür wurden die Daten der Studienanfängerjahrgänge von 1999 bis 2014 mit den relevanten Absolventenjahrgängen ins Verhältnis gesetzt, wodurch eine differenzierte Abbruchquote errechnet werden konnte. Besonders gestiegen sind dabei die Studienabbrüche in den Bereichen der Geistes- und Naturwissenschaften, der Mathematik und im Ingenieurwesen. Und fast die Hälfte schmeißt bereits in den ersten beiden Semestern hin. Diese Zahlen sind alarmierend und auch die geschätzten Zahlen für 2017 und 2018 sehen nicht besser aus. Die Gründe dafür sind vielfältig. Der größte Teil, über 30 Prozent, sieht sich Leistungsanforderungen ausgesetzt, denen sie sich nicht gewachsen fühlen. Schlechte Prüfungsergebnisse führen dann zum Aufgeben, gefolgt von fehlender Motivation, die immerhin 18 Prozent als Grund für den Abbruch angeben. Da man mit falschen Vorstellungen und Erwartungen eine Studienrichtung gewählt hat, in der man sich dann gar nicht wieder findet. Und auch finanzielle Gründe spielen bei fast jedem Fünften, also 19 Prozent, eine Rolle. Neben dem Studium noch zu jobben ist Stress pur und fordert Energie und Zeit, die man eigentlich ins Studium stecken sollte. Und weitere 15 Prozent langweilen sich mit endloser Theorie und haben schnell den Wunsch nach mehr Praxis. Die Versäumnisse einer guten Berufsorientierung und Studienberatung in der Schulzeit werden immer deutlicher. Die Vorteile, sich die Zeit für ein Orientierungsjahr zu nehmen, liegen damit auf der Hand. Denn wer sich nie wirklich intensiv mit sich und möglichen passenden Berufen beschäftigt hat, läuft Gefahr, Teil der Abbrecher-Statistik zu werden und somit wertvolle Lebenszeit zu vergeuden.

Ulrich Heublein/Robert Schmelzer (Oktober 2018): „Die Entwicklung der Studienabbruchsquoten an den deutschen Hochschulen

Was genau ist ein Orientierungsjahr?

Grundsätzlich kannst Du Dir ein Orientierungsjahr wie ein „Studium auf Probe“ vorstellen. Und da es inzwischen nicht nur Universitäten, sondern auch private Anbieter gibt, kann das im Einzelfall ganz unterschiedlich aussehen.

Das Studium Generale

Entscheidest Du Dich für ein klassisches Orientierungsjahr, einem Studium Generale an einer Universität, kannst Du Dich fächerübergreifend bei verschiedenen Vorlesungen einschreiben. So siehst Du, ob die fachlichen Inhalte Deinen Erwartungen, Deinen Fähigkeiten und Deiner Persönlichkeit entsprechen. Und wenn Du ein paar Praktika mit einbaust stellst Du schnell fest, ob Du Dich in einem Ausbildungsberuf vielleicht doch besser entfalten kannst. Eine sinnvolle Alternative zum Studium Generale ist ein Vorstudium.

Das Vorstudium

Wenn es schon etwas spezieller sein darf, kannst Du ein sogenanntes Vorsemester an einigen Schulen belegen. Anbieter gibt es in fast jeder größeren Stadt. Auch in Leipzig kannst du ein Vorstudium absolvieren, z.B. Medizin an der Leipzig Medical School. An der Leipzig School of Design gibt es die Möglichkeit, ein Vorstudium als Orientierungsjahr zu nutzen. Gerade für Studiengänge wie Design, Kunst, Mode, Fotografie und auch Medizin sind die Zugangsvoraussetzungen für Hochschulen sehr anspruchsvoll und ohne Vorbildung und Mappe nur schwer zu realisieren. An einigen europäischen Hochschulen sind Vorsemester sogar Pflicht, um ein Studium antreten zu können. Weil es sich hierbei um private Anbieter handelt, ist der Aufwand für Schulgeld zu beachten, der unter den Einrichtungen durchaus um bis zu 50 % abweichen kann. Allerdings sind an der LSOD einige Fachrichtungen förderbar.

Das freiwillige soziale Jahr und der Bundesfreiwilligendienst

Weitere Möglichkeiten, sich auszuprobieren und zu orientieren, sind das freiwillige soziale Jahr (FSJ) und eine Tätigkeit beim Bundesfreiwilligendienst (BFD), der seit 2011 den Zivildienst ersetzt hat. Voraussetzung ist eine Bewerbung bei der jeweiligen FSJ/BFD Organisation, wobei es Fristen einzuhalten gilt. Je nach Träger und Einsatzstelle wird Dir ein Taschengeld gezahlt, welches durch die Kosten für Verpflegung und ggf. Unterbringung ergänzt wird. Grundsätzlich liegen die Einsatzbereiche im sozial-karitativen und sozialen Bereich. Du kannst in kulturellen Einrichtungen, wie Theater und Museen, oder sozialen Einrichtungen, wie Pflegeheimen und Kindergärten, neue Erfahrungen sammeln und Deine Stärken und Schwächen besser kennen lernen. Das freiwillige Jahr kann zudem als freiwilliges ökologisches Jahr oder im Ausland geleistet werden. Wie auch immer Du Dich entscheidest, am Ende Deines Orientierungsjahres wirst Du Dich und Deine vorrangigen Interessen sehr viel besser kennen und Dich persönlich weiter entwickelt haben. Und kannst somit viel besser entscheiden, was Du machen willst. Um die Sache abzurunden solltest Du in diesen Zeiten des weltweiten digitalen Wandels und der tiefgreifenden Veränderungen durch Künstliche Intelligenz schon im Vorfeld genau abwägen, ob es Dein gewähltes Berufsbild in ein paar Jahren so überhaupt noch geben wird, findest Du unter diesem Link: https://job-futuromat.iab.de